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News vom Marketing-Club Neckar-Alb

Volldampf voraus!

MCNA on Tour // Juni 2023

Wenn man von einem größeren Parkplatz fährt und beim Auto vor einem Wasser aus dem Auspuff tropft, dann liegt der Gedanke an ElringKlinger nahe: Nach aller Wahrscheinlichkeit kommt die verschlissene Zylinderkopfdichtung oder ihr Ersatz vom Dettinger Automotive-Konzern. Die Assoziation von Ermstal und feuchten Spuren aus dem Antrieb soll auch künftig weiterbestehen, allerdings als gewolltes Resultat der elektrochemischen Umwandlung von Wasserstoff und Sauerstoff zu Dihydrogenmonoxid in Brennstoffzellen. Wie das insgesamt funktionieren kann, erklärte im Juni Dr. Gernot Stellberger, Geschäftsführer der noch jungen EKPO Fuel Cell Technologies GmbH, beim Club-Abend in Metzingen.

 

Schon beim Betreten des Neubaus der Kreissparkasse wurde das Grundthema des Club-Abends deutlich, das von Nebeneinander und Übergängen alter und neuer Technik-Welt handelte: Zwischen den ganzen elektronischen Gebäude-Gadgets betätigte sich Gastgeber Thilo Schmid als routinierter Bar-Mann. Als Anschauungsobjekt hatte Stellberger ein wie ein großer Metallkoffer anmutendes Stack aus 395 Brennstoffzellen mit 78 Kilowatt Leistung auf einem Tisch platziert. Mit einem 1,6 Liter Turbodiesel wäre ihm das wohl nicht ganz so leicht von der Hand gegangen, allerdings wäre mehr vom Innenleben zu sehen gewesen - bei größerer Vertrautheit des Publikums mit der Materie. So wurde es nötig, das Stellberger auf die Marktmöglichkeiten des 2021 gegründeten Joint Ventures von "Technologieführer" ElringKlinger (60 Prozent) und "strategischem Investor mit eigener Wasserstoffstrategie" Plastic Omnium (40 Prozent) einging und zusätzlich kurze naturwissenschaftliche Spontan-Referate ablieferte. Moderator Christoph Koppensteiner bewertete den Vortrag als überaus positiv: "Viele Fragen sprechen für die Qualität."

 

Was in der Präsentation schnell klar wurde: Transformation in einem Konzern mit 10.000 Beschäftigten an über 40 Standorten setzt große Masse in Bewegung, die aber keinesfalls als "altes Eisen" missverstanden werden dürfe. "Es gibt eine gewisse Endlichkeit bei der Verbrenner-Technik" und ElringKlinger spüre den "gesellschaftlichen Nachhaltigkeitsdruck im Produktportfolo", beschrieb Stellberger die Ausgangslage. Umso wichtiger sei es, exakt festzulegen, wohin und über welche Route die Reise gehen solle. "Es gibt so viele Firmen, die ihr Heil in elektrischen Antrieben suche, so viele haben gar nicht Platz", sprach Stellberger über den "hart umkämpften Markt, der gerade hochläuft", in dem es mit Pionierleistungen nicht mehr getan sei: "Wir sind nicht mehr bei universitären Studien, sondern mitten in der Serienproduktion." Den Weg dorthin habe ElringKlinger vor gut 20 Jahren mit einer Auftragsarbeit für BMW beschritten. Der Automobilhersteller hatte eine Bipolar-Platte formen lassen. In weiteren Schritten habe ElringKlinger seitdem seine Wasserstoff-Kompetenz erweitert und schließlich 2021 in EKPO ausgelagert, wobei noch ein zweites Joint Venture mit Airbus existiere, woraus sich in Dettingen ein "Hotspot mit über 300 Fachleuten" ergebe. "Im Gegensatz zu dem, was es sonst an Start-ups gibt , ist unser Finanzierungsbedarf in der Industrie um einige Nummern größer", konstatierte Stellberger und illustrierte die Notwendigkeit, für neue Technologien Partnerschaften einzugehen, mit dem Bild: "Sie haben nur einen Schnuller für zehn schreiende Babys."

Dass die Sparte Brennstoffzelle bald gewaltige Wachstumsschübe durchleben wird, daran mochte Stellberger keinen Zweifel lassen. Wegen der politischen Vorgaben und Förderprogramme gebe es bereits einen EKPO-Standort in China und die Niederlassung in den USA sei in Gründung. Besonders die amerikanische Gesetzgebung zeichne ab 2025 exponentielles Wachstum vor. Mit konkrete Anwendungsbeispielen für Brennstoffzellen in und ohne Kombination mit Batterien wartete Stellberger in großer Zahl auf: Überall wo schweres Gerät in "abgeschlossenen Ökosystemen" wie Häfen, Bergwerken oder Baustellen ohne schädliche Abgase und schnell betankbar zum Einsatz komme, sei Wasserstoff gegenüber Verbrennern und Batterien im Vorteil. Allerdings hinke die Elektrolyse von grünem Wasserstoff mittels nachhaltig erzeugtem Strom dem technischen Stand der Brennstoffzelle noch hinterher. Die Versorgung solle sich durch Ammoniak-Tankschiffe aus Australien auf Sicht verbessern, wie Stellberger auf Nachfrage erklärte. Im Pkw-Bereich sah er dagegen nicht die ganz großen Zuwächse: "Bis zur Mittelklasse wird es die Batterie bleiben. Die Brennstoffzelle kann keine Rekuperation." 

 

Auf die zahlreichen Zwischenfragen zur Technik hatte Stellberger prompt die Antworten parat: Dr. Walter G. Wrobel wollte etwa wissen, wie sich "80 Prozent Stickstoff in der Luft und andere Bestandteile" auf die  Haltbarkeit auswirken. Stellberger verwies auf ausgeklügelte Filtertechnik. Heinz-Jürgen Wißling kam auf die Dichtigkeit von Wasserstoff-Tanks zu sprechen, die laut Stellberger - durch - ausgerechnet -  Carbon-Material gewährleistet sei. Lediglich beim Recyling der Stacks  sei noch nicht alles durchgeplant, räumte Stellberger ein, wobei die Trennung von Stahl und Platin keine Herausorderung darstelle und ansonsten keine schädlichen Stoffe anfielen. Und beim Nachbohren von Dieter Wetzel zur größten Personalie bei ElringKlinger beließ es Stellberger bei einem knappen Sätzchen: "Es wird einen neuen CEO geben."