17.11.2023

Strategisch im Vorteil

Im noch neuen Format "Lunch & Learn" kam der Marketing-Club Neckar-Alb im November auf Einladung von Vizepräsident Markus Berger in der Zukunftswerkstatt von b-werk in Metzingen zusammen. Die Mitglieder griffen beherzt beim Catering zu, zeigten sich aber beím Thema "Strategisches Marketing" noch wissenshungriger. 

Holger Hermann, gemeinsam mit Berger Geschäftsführer der Transformationsberatung troove GmbH, empfahl konsequente Kundenzentrierung mit den Mitteln der Digitalisierung und gab ein Versprechen: "Auch wenn es viel Arbeit ist und Änderungen am Geschäftsmodell bedeutet, können Sie damit richtig Punkten. Der Wettbewerb ist mit Sicherheit noch nicht so weit."

Zum Einstieg in die vom üblichen Club-Abend nicht nur wegen der Tageszeit abweichenden Veranstaltungsform hob Gastgeber Berger den Unterschied hervor: „Neben interessanten Unternehmen gibt es auch viele Themen, die wir auf dem Schirm haben müssen.“ Tatsächlich gab es sogar zwei große Bildschirme, dazu zahlreiche Charts an den Wänden und das „Big Picture“ vom troove-Geschäftsmodell selbst als visuelle Unterstützung zu Hermanns Vortrag über „Methoden und Modelle, über die man im Alltag immer so sprechen muss, dass man's nicht merkt.“

Um das tragfähige Theorie-Gerüst kümmern müsse man sich dennoch, denn „starke Marke fallen nicht vom Himmel“, leitete Hermann seine mit zahlreichen Beispielen unterfütterte BWL-Vorlesung ein. Das Umfeld des Marketings ändere sich so heftig, dass sich laut einer Adobe-Studie drei Viertel der befragten Marketing-Manager nicht mehr im Stande sehen, den Kundenanforderungen folgen zu können. Anhand weiterer Erhebungen arbeitete Hermann das zu lösende Kernproblem heraus: „95 Prozent der neuen Produkte von Tech-Unternehmen floppen. 38 Prozent der Unternehmen beziehen ihre Kunden bei der Produktentwicklung mit ein. 6 Prozent sind mit ihrer Innovationsfähigkeit zufrieden.“

Dazu komme, dass die Vermarktung in den wenigsten Firmen als gemeinsame Aufgabe aller Bereiche und Hierarchie-Ebenen verstanden werde, während strategisches Marketing die einheitliche und vernetzte Ausrichtung auf die langfristigen Unternehmensziele bedeute. Und dann klaffe auch noch ein „Skill Gap“ angesichts der digitalisierten Welt mit ihren exponentiellen Entwicklungen auf, wobei in den meisten Betrieben noch nicht einmal klar sei, auf welche Fähigkeiten es überhaupt ankomme.

Als die „absolute Schlüsselkompetenz für zukunftsfähige Unternehmen“ bezeichnete Hermann die Kundenzentrierung. Aus eigener Berater-Erfahrung sei der Wille dazu in den Unternehmen vorhanden, jedoch in „verschiedenen Reifestufen“. Daran fand Hermann an sich nichts auszusetzen, denn es gehe weniger um die schnelle Umsetzung als darum, im Unternehmen „die rosa Brille“ der angenommenen Fremdwahrnehmung abzusetzen und sich - nötigenfalls in kleinen Schritten - auf den konkreten Kunden auszurichten: „Customer Experience ist der Gamechanger.“

Wie ein Unternehmen seine B2B-Kunden nicht nur kategorisiert, sondern wie Persönlichkeiten kennen lernt, erläuterte Hermann am Beispiel der Firma Weinmann Holzbau, deren Transformationsprozess 2022 Thema eines Club-Abends war. In der Konsequenz habe Weinmann Investoren von Großprojekten als Zielgruppe ausgemacht und das Geschäftsmodell teilweise abgeändert. Die Erstellung einer exakten Kunden-Persona, „die eben nicht zwischen 37 und 39, sondern exakt 38 Jahre alt ist“, so Hermann, hatte bereits im Mai Philip Kurz in seiner Präsentation zum Radioprogramm Bayern 3 thematisch angerissen. Hermann lieferte neben der Vertiefung zugleich Ermutigung und Rat: „Es gibt Tools. Wenn Sie klein anfangen und dranbleiben, dann speist es sich aus sich selbst heraus.“ Und nachdem Hermann wiederholt dringend empfohlen hatte , Rückmeldungen aus reellen Markterprobungen einzuholen, bedankte sich Club-Präsident Michael Rampf mit einem Feedback, wonach er das Nutzenversprechen des Vortrags als eingelöst betrachtete: „Einiges hat man schon gehört, aber jetzt ist klar: Man muss sich eingehend damit beschäftigen.“