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News vom Marketing-Club Neckar-Alb

Mehr Champion als hidden

MCNA vor Ort // Novermber 2023

Mehr Champion als hidden 

 

Fokus auf die Kunden, Internationalisierung, optimierte Prozesse und Stärkung der Arbeitgebermarke: Wie sich die Metzinger Lechler GmbH auf dem Fundament ihrer Tradition und Werte wandelt, erfuhr der Marketing-Club Neckar-Alb bei seinem Besuch im November. "Wir betreiben seit über 140 Jahren Understatement und das Stiftungsunternehmen tut viel Gutes, aber redet nicht so viel darüber," sprang Geschäftsführer Patrick Muff schon bei der Vorstellung des Düsen-Herstellers mitten ins Thema. Neben dem Ruf als "Nummer 1 in Europa", so Muff, wolle das Unternehmen auch als nachhaltigster Betrieb der Branche gelten. 

 

Christoph Koppensteiner, Club-Vizepräsident und Moderator des Abends, hatte zur Einführung ein Kunststückchen vorbereitet und versprach, jedem ihm vorgehaltenen Smartphone anzusehen, ob Lechler-Düsen an dessen Herstellung beteiligt waren. Der Trick dabei: Die Produzenten praktisch aller gängigen Modelle nutzen Technik aus Metzingen. "Die Entwicklung zusammen mit den Kunden ist unser Steckenpferd", nannte Muff die hochpräzise Tüftelei als einen der Gründe für die starke Marktposition, die mit einer etwas geänderten Perspektive weiter ausgebaut werden soll: "Wir sind stolz auf unser Produkt, aber der Kunde sieht vor allem die Lösung."

Bei allem Willen zu Veränderungen betonte Muff das "große Erbe", das der 2018 verstorbene Firmen-Patriarch Prof. Walter H. Lechler hinterlassen habe. Nach seinem Tod wurde das Unternehmen in eine Stiftung überführt und erhielt erstmals eine Geschäftsleitung ohne Mitglied der Gründer-Familie. Es sei nicht die Absicht der Nachfolger, an den Fundamenten zu rütteln, doch sei in einigen Bereichen eine neue Gewichtung nötig, sprach Muff sehr bedacht darüber, wo Lechler herkommt und wo das Unternehmen hin will. Er nannte als Beispiel das bislang hochgehaltene Prinzip des kontrollierten organischen Wachstums ohne Zukäufe, welches es nun zu überdenken gelte: "Das Umfeld ist dynamischer geworden." 

Mit Blick auf die globalen Märkte, Lechler hat Fertigungsstandorte in den USA, Indien und - vor kurzem ausgeweitet - in China, räumte Muff ein, dass die Internationalisierung bislang nicht immer anhand eines langfristigen strategischen Plans, aber oft mit glücklichem Händchen erfolgt sei: "Wir haben ein Tochterunternehmen in Finnland, weil der dortige Handelsvertreter nicht performt hat", führte Muff lächelnd ein Beispiel dafür an, "dass es nicht immer so strukturiert war, wie wir es gerne gehabt hätten." Ganz anders habe es sich mit der 12-Millionen-Euro-Investition in China verhalten. Die Entscheidung habe Lechler 2019 bewusst "riskiert", wie es Muff ausdrückte, "auch wenn wir dann den Teppichboden nur per Videokonferenz aussuchen konnten." In Zukunft wolle Lechler in China noch aktiver sein, jedoch auch Materialflüsse absichern und "weiße Flecken" ausfüllen. Im Wettbewerb konstatierte Muff vor allem amerikanischen Unternehmen, "deutlich früher und aggressiver" in neue Märkte zu gehen.     

 

Die Entwicklung neuer Produkte bleibe weiterhin in Metzingen, legte sich Muff fest. Am Stammsitz werde in den kommenden zwei Jahren eine neue Zentrale für 20 Millionen Euro entstehen, aus dem alten Logistik-Gebäude werde eine Kantine mit Konferenzräumen, sprach er implizit die Einladung für einen zukünftigen Club-Abend aus. Dabei gehe es nicht zuletzt auch um die Ausstrahlung des Unternehmens als Arbeitgeber: "Meine Eltern haben mir noch gesagt: 'Geh' zum Lechler, das ist eine gute Firma.' Heute fragen die jungen Leute - zu Recht - nach unseren Benefits." Von außen unsichtbare Baustellen wie die Einführung von SAP, einem CM-System von Salesforce oder der Umstellung auf die Projektplanung mit Microsoft 365 seien abgeschlossen oder im Gange. Auch für einen "der limitierten Ressourcen bewussten Mittelständler", so Muff, gehe es ab einer gewissen Größe nicht ohne Prozesse.   

 

Vor der Werksführung machte sich Club-Mitglied Frank Hakh in der Fragerunde nicht zum ersten Mal um die Wortspielkultur verdient: "Was sind die wildesten Bereiche, in denen Sie herumdüsen?" Muff erzählte darauf von einem Bauteil für die Ariane-Rakete. Unterwegs im Prüfstand führte dann Labor-Leiter Konrad Gusenbauer eine Düse zur Rauchentschwefelung in Kohlekraftwerken vor, durch die 1.600 Liter Wasser - im Kraftwerk dann Kalkmilch - pro Minute strömten. "In Deutschland wird das nicht mehr gebraucht, aber in Indien werden 200 neue Kohlekraftwerke gebaut", merkte Muff spitz an. Labor-Leiter Konrad Gusenbauer erklärte die Umrechnung der Testergebnisse in verschiedene Flüssigkeitsdichten: "Wir wollen hier kein Kerosin, Speiseöl oder Pflanzenschutzmittel haben." Die Düsen für die Handys hätten sich für eine Vorführung übrigens weniger geeignet, mit ihnen werden kaum sichtbare Leiterbahnen geätzt.