Zu den Hauptinhalten springen

Was bei uns los ist

News vom Marketing-Club Neckar-Alb

Theben AG – 101 Years of Change

MCNA vor Ort // April 2022

Zeit zum Wandel(n)

"Wie war das denn damals?" Beim Gang durch über 100 Jahre Firmen-Historie im Schloss Haigerloch bezog sich Paul Sebastian Schwenk, Vorstandsvorsitzender der Theben AG und Urenkel des Firmengründers, immer wieder auf diese Frage - auch wenn sie nicht explizit gestellt wurde. Die Ausstellung zum Firmenjubiläum, für den Marketing-Club im April noch einmal geöffnet, zeigte auch die  Abfolge technischer Erfindungen auf der Grundlage einer Schaltuhr. Als Seele des Werks erwies sich hingegen die von privaten Entschlüssen und abrupten Generationswechseln geprägte Geschichte des Familienunternehmens. Persönlich ging der Abend weiter, an dem Schwenk Einblicke in sein Inneres als Nachfolger und Unternehmer gewährte.

Mit einem großen Schlüsselbund verschaffte sich der Schlossherr Einlass in die Ausstellungsräume, was den Kontrast zwischen dem Technik-Thema Gebäudeautomation und den alten Mauern charmant hervorhob. Über mehrere Ebenen vom dauerkühlen Gewölbekeller bis hinauf zum Schema des Zukunftsthemas Smart Grid Meter führte Paul Sebastian Sebastian Schwenk durch die Jahrzehnte: Auf den ersten Stufen ging es vorbei am Treppenlicht-Zeitschalter ELPA aus den 30er-Jahren, der an eine moderne Sprachsteuerung gekoppelt, zuverlässig seinen Dienst versah und die angeschlossene Leuchte wieder abschaltete. Weitere Stufen brachten die Besucherinnen und Besucher zu Stationen wie dem Datenübertragungsstandard KNX in den 90er-Jahren,  zur Zeitschalt-Steckdose "Theben Timer", von dem seit den 70er-Jahren über 33 Millionen Exemplare verkauft worden seien - und auch vorbei am Konzertsaal des Schlosses, der seit einigen Jahren nicht mehr für Veranstaltungen genutzt werden darf. "Zum Denkmalschutz ist der Branschutz gekommen", erklärte Paul Sebastian Schwenk "Fluch und Segen" des Schlossbesitzer-Daseins: "Wir haben vier Fluchtwege, aber keiner passt zu den Vorschriften."

Meilen- und Stolpersteine gehören zum Geschäft, tiefer griffen aber die Zäsuren in der Familie, von denen Paul Sebastian Schwenk im Schloss und später im Gespräch mit Moderator Christoph Koppensteiner erzählte. Dass er mit 24 Jahren Gesellschafter eines umsatzstarken Unternehmens wurde, bezeichnete Paul Sebastian Schwenk als Auswirkung von Schicksalsschlägen: Früh hatte er die Eltern verloren, bis dahin sei er zum Unternehmen auf Distanz gewesen. Als nahe und prägend beschrieb er hingegen das Verhältnis zu seinem Großvater Paul Eberhard Schwenk, der Theben zusammen mit dessen Schwester Ellen Herl in zweiter Generation nach dem zweiten Weltkrieg groß gemacht und dazu das Schloss in die Familie gebracht hatte.

Es war dabei keinesfalls so, dass Paul Sebastian Schwenk die unternehmerische Leistung seiner Großtante nicht zu würdigen versuchte, insgesamt folgte der Erzählfluss aber der männlichen Linie, was bei dem Plot wenig verwunderte, den auch der emotionsgeladenen Image-Film des Unternehmens zum Jubiläum umsetzte: Fast schon einen Gründungsmythos lieferte ein Feldpostbrief, den Paul Schwenk von der Front des 1. Weltkriegs nach Hause sandte. Darin schrieb der gelernte Uhrmacher, nicht zerstören sondern etwas erschaffen zu wollen. 1921 ließ er sich dann den Lichtaumaten für Treppenhäuser patentieren. Für das Filmset hatte Paul Sebastian Schwenk übrigens auf dem Schlossfeld  selbst den Schützengraben ausgebaggert - der dort liegende Boden stammte noch vom Bau der eigenen Fabrik, wie er erklärte. In dieses Bild passte auch ein wenig die Begründung für den Umzug von Stuttgart nach Haigerloch im Jahr 1941. Paul Sebastian Schwenk erklärte diese in eigenen deutlichen Worten "hier ist immer noch der Hund begraben" - mit einer gewissen Staatsferne seine Urgroßvaters, aber auch mit der Nähe zu schwarzwälder Uhrmacher-Betrieben. Gemäß der Firmenchronik ging es dann doch nicht ohne Aufträge der Marine. Und schon bald ging es nicht ohne Paul Eberhard Schwenk, der früh im Familienbetrieb die Führung übernehmen musste.

Als vielseitig begabt schilderte Paul Sebastian Schwenk die Persönlichkeit seines Großvaters, dessen Führung auf dem Prinzip Vertrauen gefußt habe. Es bringe nichts, schlaue Leute einzustellen, wenn man ihnen dann sage, was sie tun sollen, zitierte Paul Sebastian Schwenk seinen Großvater, der sich im Alter von 50 Jahren aus dem operativen Geschäft herauszog und erst das verfallende Schloss sanierte, dort Hotel und Gastronomie einrichtete und sich dann im Neubau auf dem Schlossfeld in den Bereichen Kulturförderung und Architektur aktiv war. Durch das Hotel habe das Unternehmen zwar Gäste vor Ort unterbringen können. "Das Schloss ist das Lebenswerk meines Großvaters, nicht mein eigenes", betonte Paul Sebastian Schwenk, seit 2016 in derTheben-Geschäftsführung, bei aller Identifikation mit seinen Vorgängern seine Eigenständigkeit, die er sich erwerben musste. Noch während des Studiums im Jahr 2005 Mitglied des Aufsichtsrats geworden, habe er dort zunächst nur zugehört. Eigene Erfahrungen als Gründer habe er im Anschluss an den MBA-Abschluss mit einem Gastronomie-Konzept gemacht, das "trotz dem besten Eis der Welt" nicht klappte.

Scheitern gehöre zu Unternehmer-Biographien, er wolle es aber bei dem einen Mal belassen, erklärte Paul Sebastian Schwenk seinen persönlichen Entschluss. Was zur unausgesprochenen Frage führte: "Was wird denn jetzt kommen?" Die beantwortete Paul Sebastian Schwenk mit Blick auf die zu vollziehende Energiewende und dem damit einhergehenden Bedarf an digitaler Mess- und Steuertechnik sowie den zugehörigen Dienstleistungen. Dies entspreche dem Grundsatz Paul Schwenks, Energie effizient zur richtigen Zeit einzusetzen. Zu 101 Jahren Veränderung gehöre aber auch, dass man sich an anderer Stelle neu einstellen müsse. Zur Langlebigkeit des Treppenlicht-Automaten ELPA hatte Paul Sebastian Schwenk in der Ausstellung die Anekdote erzählt, dass es aus Belgien nach 70 Jahren im Betrieb eine Reklamation wegen eines Defekts gegeben habe. Das Gerät habe Theben zurückgenommen, ins Firmenmuseum gestellt und kostenlos gegen eine moderne Version ausgetauscht. Ein digitaler Stromzähler sei indes schon nach acht Jahren nicht mehr zu gebrauchen - wegen der Weiterentwicklung der Software.