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News vom Marketing-Club Neckar-Alb

Kreislaufen statt rausfliegen

MCNA vor Ort // Februar 2023

Fürs Abheben war am Club-Abend im Februar bei der Object Carpet GmbH in Denkendorf nur der nahe Airport Stuttgart zuständig: In Sachen Auslegware gaben sich Lars Engelke, einer von vier Geschäftsführern, und Martin Böhringer, Marketing Director, betont bodenständig, obwohl sie eine Marktneuheit präsentierten, mit der sie die ganze Branche verändern wollen.

"Die geben richtig Gas", stellte Moderator Torsten Marschner die Gastgeber vor, bei denen er sich ausdrücklich für den kurzfristig eingerichteten Termin bedankte, und nannte dazu passende Eckdaten: Object Carpet wurde 1973 gegründet, produziert in Krefeld, bezog 2020 den Campus-Neubau mit Büros, Showroom sowie italienischem Restaurant und Fitness-Studio und zählt Hotelketten, Automobilhersteller und Modehäuser zu seinen Großkunden. In der Präsentation und auch bei der ausführlichen Tour durchs Gebäude ging es dann aber eher darum, dauerhaft auf dem Teppich zu bleiben - auch indem man Ausdünstungen reduziert. "Ein herkömmlicher Teppichboden besteht aus ungefähr 35 verschiedenen Materialien", gab der gelernte Textilmechaniker Engelke einen Einblick in seine eigene Ausbildung, in der ihm vermittelt wurde, dass der Neugeruch unbedingt dazu gehöre. Tatsächlich ergebe sich dieser aber aus der Mixtur von möglichst günstig und den Nebenwirkungen beim Ausgleichen unerwünschter Eigenschaften. Eine Zwischenbemerkung von Alexander Frate, der auf die Anforderungen bezüglich Allergenen, Reinigung, Staub, Brand- und Schallschutz bei der Ausstattung seiner Tagblatt-Redaktionsräume hinwies, überführte Engelke in einen kleinen Exkurs über Materialeigenschaften und ein gutes Jahrzehnt der Tüftelei Er kam zu dem Schluss, dass sich mit weniger Zutaten und Mut zu einem neuen Ansatz bessere Ergebnisse erreichen lassen. Und diese seien auch dringend notwendig, denn der Markt schrumpfe nicht nur wegen kleiner werdender Büroflächen, wobei Object Carpet auch abgepasste Teppiche für Lounge und Homeoffice liefere. Speziell im privaten Bereich habe Teppichboden ein schlechtes Image. Die Handprobe unter den Anwesenden, wer daheim im Schlafzimmer Teppichboden liegen habe, bestätigte diese Aussage eindrücklich.

"Unser neuer Teppich riecht nicht. Rotwein und Kaffee gehen mit Wasser raus", gab Engelke ein mit blauem Umweltengel versehenes Muster der erst Ende Januar herausgebrachten Marke "Neoo" herum, die ohne Kleber auf rutschfestem Estrich verlegt oder verschraubt wird. Der Unterschied zu den 1.200 anderen Produkten, die Object Carpet im Angebot hat, liegt im Mono-Material Polyester, dessen Verarbeitung gemeinsam mit Covestro, ehemals die Kunststoffsparte von Bayer, entwickelt wurde. Ein gravierender Vorteil sei die vollständige Wiederverwendbarkeit - aus durchgetretenem Teppich wird ohne Material- und Qualitätsverlust wieder Granulat, das sich auch zu anderen Produkten verarbeiten lässt, solange diese wegen der Färbung nicht vollständig transparent sein müssen. "Das Garn ist als Recycling-Material noch nicht so gut erhältlich, den Filz gibt es aber schon", räumte Böhringer ein, dass der Material-Kreislauf zunächst einmal in Schwung kommen müsse. Mit Blick auf den Green Deal der EU sei es für Object Carpet aber schon 2025 an der Zeit, nur noch zirkuläres Material in den Markt zu geben.

Als eine der Hauptaufgaben gestalte sich dabei die Möglichkeit der Rückgewinnung, sagte Böhringer. Je nach Beanspruchung sei ein Teppichboden im gewerblichen Bereich zwischen zehn und 30 Jahre in Gebrauch. Recycling werde künftig ökonomisch wesentlich interessanter als die Verbrennung. Deshalb sei es nicht nur nötig, das wertvolle Material zu markieren, sondern auch in digitalen Gebäudepässen zu dokumentieren, wo wieviel verbaut ist. Als weiterführende Ideen brachte Böhringer Rabatt- oder Pfandsysteme sowie unternehmensübergreifender Materiallagerung ins Spiel. Dies sei aber keine Kernkompetenz von Object Carpet sondern Aufgabe der gesamten Baubranche. "Darum muss man sich auch Gedanken machen, wie man Begriffe wie Nachhaltigkeit definiert und nach außen kommuniziert - und das transparent, sonst ist's nichts als heiße Luft", begründete Böhringer, warum das Unternehmen "lieber mehr als zu wenig erklärt." Der Vertrieb umfasse 40 Personen, die nach wie vor mit physischen Mustern und über persönliche Netzwerke und Events Beziehungen zu Architekten und Handwerkern pflegen. "Es ist ein People Business", so Böhringer. 

Wie ernst es Engelke mit der Zukunftsfähigkeit der ganzen Teppichboden-Branche meint, wurde besonders deutlich, als er davon sprach, Marktbegleitern Tests auf den Produktionsanlagen in Krefeld zu erlauben. Mit dem ersten zirkulären Teppich habe Object Carpet zwar einen Marktvorsprung, pekuniär lasse sich dieser aber nicht magisch zum Fliegen bringen. "Für Recycling bezahlt uns niemand auch nur einen Euro mehr. Wir müssen die neue Produktgattung herstellen, ohne teurer zu werden", erklärte Engelke, dass es darum gehe, den Standard für die Ausschreibungen zu setzen, um schließlich den Auftrag zu erhalten. Auch Böhringer, selbst während einer früheren beruflichen Station Mitglied des Marketing-Clubs Neckar-Alb, sprach eine Einladung aus, nämlich bei Gelegenheit zum Co-Working auf den Campus zu kommen. Neugier auf das zusätzlich geplante Schulungszentrum und Gästehaus oder den Bienenstock auf dem Dach könnten den Wiederholungsfaktor erhöhen. Ganz ohne Spitze gegen Märchenerzählungen im Bau-Sektor - "Sustainability und Circularity prangen mittlerweile bei den Messen auf jedem Stand, aber es steht nicht immer viel dahinter" - beließ er es indes nicht: "Der Wettbewerb war in den letzten zwei Wochen sehr aktiv, besonders auf unserer Internetseite."