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Was bei uns los ist

News vom Marketing-Club Neckar-Alb

Kurz weg von der Technik

MCNA vor Ort // Oktober 2023

Ein Unternehmen wagt ein Experiment und lässt im Nachgang den Marketing-Club Neckar-Alb an der Analyse teilhaben: Beim Club-Abend im Oktober ging es bei der Tübinger Paul Horn GmbH um die mittlerweile abgeschlossene und ausgewertete Image-Kampagne. Diese sei auf den zweiten Blick besser gelaufen, als man es anfangs beim Hersteller von Hartmetall-Werkzeugen erwartet hatte, erklärte Christian Thiele, Leiter Marketing und Kommunikation bei Horn: "Leute wurden auf uns aufmerksam, die uns vorher nicht auf dem Schirm hatten."

 

Dass eine erst kürzlich ins Unternehmen eingetretene Fachkraft die Club-Mitglieder begrüßte, hatte indes nichts mit einer spontanen Reaktion auf die jüngere Werbung für die Arbeitgebermarke zu tun: Matthias Rommel, der nach dem Tod Lothar Horns dem Ruf in die Geschäftsführung neben Inhaber Markus Horn folgte, hatte sich nach eigener Aussage schon während seiner Zeit bei der Walter AG, ebenfalls in Tübingen ansässig und in der Branche aktiv, Gedanken darüber gemacht, was Horn besonders mache. "Es war nicht die klassische Werkzeugwelt, die ich kannte - kleine Losgrößen, maximale Veredelung des Produkts und nicht ganz günstig," fasste Rommel das Geschäftsmodell zusammen."Sonderlösungen betreiben wir exzessiv. Standard machen die Asiaten billiger. ISO ist austauschbar." Es gebe keine Schneidstoffe, die Horn nicht kenne, postulierte Rommel das Selbstverständnis als Technologieführer, der in die Entwicklung neuer Materialien bis zu sieben Jahre investiere. Ab der Marktreife müsse es dann allerdings umso schneller gehen: Von der Zeichnung bis zur Auslieferung eines neuen Werkzeugs lägen lediglich fünf Tage. Dank bewusst eingeplanter Überkapazitäten "gibt es keine Ausrede, dass etwas nicht rechtzeitig fertig wird." Die enge Kundenbindung durch Spezialaufträge bedeute im Umkehrschluss aber auch Abhängigkeiten, räumte Rommel gegen Ende seiner Vorstellung des Unternehmens ein. 40 Prozent des Geschäfts mache Horn mit der Automobilindustrie, "aber nicht mehr in Deutschland, hier geht der böse Verbrenner-Teil weg - und wir laufen natürlich hinterher."                  

 

"Mir hat man gesagt: Wenn einer bei der Fabrik einen Platten hat, dann zieh' ihn von der Straße und lass ihn für uns arbeiten", verpackte Thiele das Thema Arbeitskräftemangel in einen Scherz, den er während des Rundgangs durch Gebäude und Produktion auch variiert wiederholte. Mehr Sichtbarkeit außerhalb der Fachwelt tat Not, darum auch das Sponsoring der großen Tübinger Sporthalle und der Stuttgarter Messehalle 10. Vom ersten Pitch, bei dem die Werbeagentur für Stechdrehen, Reibschneiden und Diamantbeschichtungen das Ziel "Love Brand" aus dem Satzbaukasten gezogen hatte, sei nichts geblieben - außer dem Gorilla. In einem weiteren Anlauf kam es dann zu Anzeigen und Plakaten nach der Formel "Was unterscheidet den Mensch vom Tier?  Das Werkzeug!".

"Wir haben es mit Livestreams versucht," stellte Thiele klar, dass Print und Messen die wichtigsten Kommunikationskanäle für Horn sind und auch bleiben. "Der Maschinenbediener surft während der Arbeit nicht im Internet, der braucht einen Prospekt" plauderte Thiele aus der Werkhalle und ergänzte: "Wir haben Horn-Office - auch während der Pandemie". In dieser Zeit sei es umso wichtiger gewesen, Kunden ständig über Innovationen auf dem Laufenden zu halten. "Der jährliche Katalog reicht nicht, wir haben alle zwei Monate was geschickt. Touchpoints! Touchpoints! Touchpoints!", so Thiele über die Ansprache in der "konservativ geprägten Industrie".     

 

Bei den ständigen Innovationen sei es ein Nebeneffekt der Kampagne gewesen, nicht ständig Anzeigen auf neue Details anpassen zu müssen. Dennoch habe es für die jeweiligen Märkte unterschiedliche Motive gebraucht, denn nicht überall erzeugten die Bilder positive Resonanz, wie Thiele aufzählte: Der Gorilla wurde in Frankreich als beleidigend empfunden, in Italien brachte der Hirsch mit seinem Geweih Tierschützer in Wallung, die Suppenschüssel mit Gabel war nicht die Tasse Tee der Briten und im Land der Freien zog durch das aufgestemmte Kerkergitter heftiger Gegenwind.  Von Moderator Christoph Koppensteiner nach Fehlern und daraus gezogenen Schlüssen gefragt, erwiderte Thiele, dass die erste Reaktion des eigenen Vertriebs in Deutschland auf die Kampagne "vernichtend" ausgefallen sei. Tenor: "Wir lassen uns nicht zum Affen machen." Diese Bewertung habe sich mittlerweile gedreht, "es ist mehr Offenheit für Neues entstanden." Für künftige Kampagnen habe Horn gelernt, vorab Infos weit früher in den Vertrieb zu geben, große Absatzgebiete in die Ideenfindung einzubinden und für mehr Flexibilität Cluster für die jeweiligen Märkte zu bilden. Nicht zu unterschätzen sei auch der zeitliche Rahmen: "Wenn wir es selber nach 18 Monaten nicht mehr sehen können, dann hat's der Kunde gerade wahrgenommen." Nach insgesamt vier Jahren sei man mit "Erlebe / Explore Horn" aktuell wieder zur Technik zurückgekehrt.