Zu den Hauptinhalten springen

Was bei uns los ist

News vom Marketing-Club Neckar-Alb

Konjunkturkurve mit dem Lippenstift vorzeichnen

MCNA on Tour // Januar 2025

Tiefkühl-Gemüse führt dm nicht. "Erbsenzählerei" praktiziert die Karlsruher Drogeriemarktkette dennoch mit Hingabe und professioneller Hilfe, wie Thomas Gruber, Leiter der dm-Marktforschung, beim ersten Club-Abend 2025 im Tübinger Sparkassen-Carré verriet. Allerdings: Das eine akribisch zu tun, heißt im Unternehmen nicht, andere Methoden zu ignorieren. Vielmehr gelte es, für aufschlussreiche Antworten zielführenden Fragestellungen nachzugehen.

Gruber bezeichnete seinen Ansatz zur Marktforschung als Kombination von "Kopf, Herz und Hand". Kleinteilige statistische Auswertungen, standardisierter Befragungen, Trackings, Trend-Analysen oder Data Science haben darin ebenso ihre Berechtigung wie offene Kunden-Interviews. Das Ziel sei jedoch immer, aufgrund der Ergebnisse "Handlung zu kreieren". Deshalb sei es zuweilen auch angebracht, keine Studie zu machen, wenn sich das zugrundeliegende Risiko einer zu treffenden Entscheidung nicht klar umreißen lasse. Daten erheben und auswerten zu lassen, lohne sich beispielsweise wenn es darum gehe, potenziellen Schaden, Nutzen oder die Kosten abzuwägen. "Wenn man Erkenntnisse mit dem Schleppnetz aus den Kundenköpfen fischt, bekommt man viel Beifang", gab Gruber zu bedenken, dass ungebremste Sammelwut keine Garantie für Signifikanz sei. Umgekehrt biete eine durch Daten unterfütterte Handlungsempfehlung die Möglichkeit, schnell flächendeckend in die Umsetzung zu gehen, anstatt sich mit "Piloten" langsam vorzutasten. Die Zahl der dm-Geschäfte hatte Club-Präsident Christoph Koppensteiner in seiner Einleitung auf rund 2.500 beziffert.

Unter dem Stichwort "Adventure" empfahl Gruber, auch Überraschungen zuzulassen: Zur "geplanten Offenheit" gehörten etwa lange Gespräche mit einzelnen Kunden oder kleinen Gruppen. Wie breit sich die Palette der angewandten Methoden spreizt, zeigte sich darin, als Gruber einerseits Grafiken von anonymisierten Laufweg-Analysen zeigte, andererseits aber auch von der persönlichen Einkaufsbegleitung einzelner Kunden in deren gewohntem Geschäft berichtete. Manchmal gebe es sogar Untersuchungen "die wir mit Männern machen", gab Gruber zu verstehen, dass die dm-Zielgruppen zwar heterogen, aber dennoch vor allem weit überwiegend weiblich seien. Bei Männern handle es sich im Drogeriemarkt ohnehin um schwer erfassbare Kundschaft, denn bei aller Beauty-Affinität neigten die Herren dann doch eher dazu, "das Duschgel, das vielleicht nicht ganz so gut riecht, trotzdem aufzubrauchen". Letztendlich würden auch die Artikel für Männer hauptsächlich von Frauen gekauft. Letztere unterteilte Gruber wiederum in zahlreiche Untergruppen die von der "Discount-Shopperin" bis zur "Naturkosmetik-Anwenderin" allesamt im Geschäft willkommen und zu bedienen seien. Die "Preissicherheit", abgesehen von Coupons, der App und Payback verzichte dm auf Aktionen, spiele dabei eine ebenso große Rolle wie die "Wohlfühlatmosphäre", die sich in Beleuchtung und hochwertiger Ladengestaltung ebenso ausdrücke wie im "gesunden" Sortiment mit seinem Bio-Schwerpunkt und dem Verzicht auf Tabak und Alkohol. Das zahle sich im "Emotional Branding Monitor" aus, dm liege bei den Sympathiewerten für die Marke weit oben in einem engen Markt "nahe am Lebensmitteleinzelhandel" - und auch generell, was das B2C-Business in Deutschland anbelange.

Weit weniger intensiv als mit der Kundschaft befasse sich dm mit der Produktentwicklung - trotz des breiten Angebots an Eigenmarken, die auch kleine "Influencer-Brands" umfassten, und mengenmäßig rund die Hälfte des Verkaufs ausmachten. "Wir sind ständig im Dialog mit den Herstellern und zum Testen einer neuen Variante schauen wir, wie eine Limited Edition ankommt." Generell konzentriere sich dm darauf, den "Hersteller-Partnern eine Bühne" zu bieten. Bei den meist überschaubaren Preisen der Artikel für den täglichen Bedarf entscheide sich die Kundin ohnehin oft erst am Regal für das konkrete Produkt - und "wenn sie dafür lange braucht, dann kann es auch an einem Problem mit dem Angebot liegen", nannte Gruber einen für Händler interessanten Indikator.

In Sachen Ladenbau übernahm Gruber einen Punkt aus der Begrüßung von Sparkassen-Direktor Joachim Richter auf, der auf die stetigen Arbeiten am Gebäudebestand seines Hauses hingewiesen hatte: Da dm lediglich Mieter der Ladenlokale sei, müsse sich das Unternehmen trotz optimierter Konzepte den Gegebenheiten vor Ort anpassen - letztendlich entscheide dann eben die Position des Stromanschlusses über die Platzierung der beleuchteten Spiegel. Diese ermöglichten einen Blick aufs große Ganze, wie Gruber mit einem Augenzwinkern ausführte. Die Theorie des "Lipstick Effects" besage, dass man sich einen baldigen Aufschwung abschminken könne, wenn erschwingliche Kosmetik besonders gut laufe. Gemäß den Daten, hier war Gruber ernsthaft, gehöre die Drogeriemarkt-Branche zu den Wachstumstreibern - und überhaupt sei die Gesamtlage im Land nicht so schlecht wie die Stimmung.