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News vom Marketing-Club Neckar-Alb

160 mal 80 sind kein Maßstab

MCNA vor Ort // September 2023

Der Begriff Möbel leitet sich von deren Beweglichkeit ab. Bei Büromöbeln ist die Dynamik nochmal wesentlich größer. Das verdeutlichte Michael Ortmann, Geschäftsführer von Meinlschmidt Raumkomzepte, beim September-Clubabend in Balingen: "Ein Büro auf zehn Jahre auszurichten, das funktioniert nicht mehr." Flexibilität sei gefragt, zumal sich auch die Beschäftigten "als mündige Bürger durchs Unternehmen bewegen."

Gastgeber Walter Meinlschmidt gab zur Begrüßung einen Überblick der Entwicklung seiner Branche in den zurückliegenden 30 Jahren. Demnach betreibt er ein keinesfalls zyklisches Geschäft, das auch nicht immer den großen Konjunkturkurven folgt. In den 90er-Jahren sei noch die Vorgabe gewesen, genug Umsatz mit der "Hardware" zu erzielen, um für die großen Hersteller interessant zu werden. Zu Anfang des Jahrtausends sei die Branche in eine "heftige Krise" geraten, denn "zuerst spart man an Stühlen und Büromöbeln. Beim Aufschwung sind dann die Investitionen in Maschinen wichtiger." 2008 sei für Meinlschmidt "dann gar nicht so schlimm" gewesen. Die Pandemie habe sich schließlich als "Booster" für das Thema Raumkonzepte erwiesen: "Die Kunden hat es nicht mehr so sehr interessiert, ob der Tisch runde oder eckige Füße hat, sondern wie er seine Mitarbeiter erfolgreicher macht." Dieses Ziel setze Meinlschmidt gerade durch Umstrukturierungen in der Unternehmens-gruppe um. "Endlich sind wir eine Firma", betonte Meinlschmidt den Wert des "Wir-Gefühls", das bislang auch darunter gelitten habe, dass sich Planer und Verkäufer einander ihre Leistungen fast wie externe Geschäftspartner aufrechneten.

"Weg von meins, hin zu unser", fasste Ortmanns verschiedene Trends, die den Büro-Markt formen, prägnant zusammen.  Moderator Christoph Koppensteiner hatte bereits zu Anfang darauf hingewiesen, dass es darum gehe, "Markenräume zu schaffen und Fachkräfte zu bekommen." Ortmann führte diesen Gedanken weiter aus und stellte die "Treiber" vor, die aktuell die Büroeinrichter bewegen. Allen voran stand die Digitalisierung, jedoch nicht unbedingt im Sinne immer ausgefeilterer Technik und Umgebungsoptimierung. Damit man zwischendrin aufstehe, könne man den Schreibtisch mit Sensoren ausstatten und Warnmeldungen auf dem Bildschirm aufploppen lassen. Es genüge aber oft auch schon, Papierkörbe und Drucker außer Reichweite aufzustellen, nannte Ortmann ein Beispiel für den Unterschied zwischen Konzept und Gadget. Wie zur Demonstration ging unterdessen Walter Meinlschmidt quer durch den Veranstaltungsraum und schloss von Hand ein Fenster. Von künstlicher Intelligenz erwartete Ortmann indes große Veränderungen: Mittels KI habe Meinlschmidt bereits innerhalb einer halben Stunde ein Firmenkonzept erstellt. 

Dennoch mache der "Human Core", so Ortmann, den Unterschied im Büro - und der werde trotz aller Rationalisierung immer wichtiger. Im Gegensatz zur Architektur, die oft von der Gebäudehülle nach innen denke, gehe ein Meinlschmidt-Raumkonzept vom Mensch beziehungsweise vom Ort, an dem Menschen zusammenkommen, aus. In einer Zeit, in der das Home Office "nicht mehr wegzudenken" sei, fungiere das Büro zunehmend als "eine Art Campus für Innovationen". Ortmann sprach über Räume für Begegnungen und kreatives Teamwork, aber auch über die Einbettung in eine Umgebung mit Kinderbetreuung und anderen Dienstleistungen, die konzentriertes Arbeiten erleichtert. Für alle Mitarbeitenden gleichzeitig jeweils 160 auf 80 Zentimeter Arbeitsplatz bereitzustellen, sei dagegen nicht mehr das Thema. Vielmehr gehe es um dem Bedarf angemessene Nutzungen von Flächen, wie etwa einer Kantine, die sonst außerhalb der Mittagspause leer stehen würde, erklärte Ortmann mit Blick in die vorderste Reihe. Club-Beirätin Judith Kaltarar, die den Kontakt für die Veranstaltung hergestellt hatte, bestätigte die Anspielung auf das variable Erbe-Betriebsrestaurant.      

Grundsätzlich gelte, dass die Ausstattung auf Organisation, Führung und IT-Anforderungen ausgerichtet sein muss, stellte Ortmann fest. Die jeweilige Firmen-Identität des Raumkonzepts arbeite Meinlschmidt vorab in Workshops heraus. Das Sammeln von Daten sei eine große Aufgabe, doch noch wichtiger sei das Erstellen von gemeinsamen Regeln: "Von 200 Mitarbeitern auf offener Fläche brauchen 50 den Krach, während 20 überhaupt nicht arbeiten können", veranschaulichte Ortmann grundlegende Probleme des Zusammenarbeitens. Die Frage nach der Temperatur im Großraumbüro nahm in der Schlussrunde einige Zeit in Anspruch. Dass es für die individuell unterschiedliche Wahrnehmung von 20 Grad wohl auch in Zukunft keine endgültig abschließende Lösung geben wird, passte dann irgendwie zum "permanenten Beta-Zustand", den Ortmann als Aspekt von "New Work" und "New Office" nannte: "Nichts ist mehr für die Ewigkeit. Wir müssen uns einlassen auf eine sich ständig verändernde Welt."