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News vom Marketing-Club Neckar-Alb

Paul Dümmel Werkzeugfabrik – Betriebsbesichtigung und Interview mit Jochen M. Dümmel

MCNA vor Ort // Mai 2022

Voran aus der Vergangenheit

Man kann sich im Großen und Ganzen selbst treu bleiben, auch wenn man von Zeit zu Zeit etwas ander(e)s macht. Diesen Eindruck vermittelte das Familienunternehmen Paul Dümmel, das im Mai Gastgeber des Marketing-Clubs Neckar-Alb war.

Dabei kommt es beim Hülbener Hersteller von Hartmetallwerkzeugen durchaus auf Kleinigkeiten an, wie Jochen Dümmel, Ur-Enkel des namensgebenden Firmengründers und die jüngste Generation in der Geschäftsführung, anhand visueller Hilfsmittel beim Podiumsgespräch mit Moderator Christoph Koppensteiner erklärte: „Unser kleinstes Werkzeug bohrt Kanäle von 0,2 Millimetern Durchmesser.“ Nur eine praktische Vorführung der Zerspanung mit dem “Ultramini“-Werkzeug wäre nicht besonders anschaulich ausgefallen, denn in welcher Ausgestaltung es Hohlräume von innen größer macht, lässt sich von außen nicht sehen. Ein Anwendungsbeispiel machte das Ausmaß des Geschäfts mit winzigen Löchern aber recht deutlich: “Foxconn bohrt mit unserem Werkzeug Hülsen für iPhones“.

Dennoch gab es für die Club-Mitglieder bei der Führung durch den 2018 in Betrieb genommenen Werksteil reichlich zu schauen, zu staunen und zu schmunzeln. In vielen Gängen und Räumen, darunter das im klassischen englischen Stil eingerichtete Chef-Büro – mit eigenem Bereich für die potenziell fünfte Generation im Familienbetrieb – waren Memorabilia aus Orts-, Familien- und Firmengeschichte ausgestellt. Besonders stachen dabei Oldtimer-Zweiräder und historisches Fluggerät hervor, die mit den modernen Dreh- und Fräsmaschinen kontrastierten. Im Werk laufen alle Arbeitsschritte von der Stahlstange bis zur Diamant-gehärteten Oberfläche ab. Mit Vorprodukten zu arbeiten, ginge zu Lasten der Qualität, erklärte Karl-Heinz Dümmel, die dritte Generation in der Geschäftsführung. Die Arbeitsstationen trugen wiederum durchgängig Frauennamen, die ihnen die in der Produktion weit überwiegend männlichen Mitarbeitenden aufgeklebt hatten. Über Fragen wechselnder Moden und Geschmäcker dürfte dabei selten gestritten werden, denn das Personal mit seinem Know-how bleibe lange im Betrieb, wie Jochen Dümmel mehrfach betonte. Mitarbeiter in den Metallberufen bilde die Werkzeugfabrik selbst aus. Die meisten wohnten vor Ort oder in unmittelbarer Nähe. “Bei uns geht man zum Mittagessen nach Hause. Obwohl – wir haben auch einen Mitarbeiter aus Pliezhausen“, riss Jochen Dümmel die Themen Work-Life-Balance und Standortverbundenheit an.

Von Hülben wolle und müsse das Unternehmen nicht weggehen, wobei Jochen Dümmel Wert darauf legte, dass Entscheidungen immer zu Notwendigkeiten passen müsste. Aufgrund der klaren Nachfolgeregelung innerhalb der Familie und der Unabhängigkeit gegenüber Dritten sei das Unternehmen so aufgestellt, „dass wir auch mal über drei Jahre einen Durchsschnitt bilden können.“ Nach dem Neubau mitsamt Investitionen in großflächige Photovoltaikanlage und Kaltwasserspeicher zur Kühlung der vollautomatischen Produktion sei noch Reservefläche für Erweiterungen vorhanden, deutete Jochen Dümmel Zukunftspläne an. Zunehmend mehr Platz nehme im Unternehmen indes die Lagerhaltung der rund 14.000 Werkzeugvarianten ein, was Jochen Dümmel an der Relation von Raum in Hülben und der Zeit im Beschaffungsprozess in der Industrie festmachte: “Unsere Kunden in Europa erhalten die bis 17 Uhr eingegangene Bestellungen am nächsten Tag.“ Noch vor wenigen Jahren habe Dümmel für den Versand über Nacht die Frist bis 15 Uhr gesetzt. So konnte noch ein Versanddienstleister die großen Umschläge mit den kleinen Werkzeugen rechtzeitig abholen. Doch trotz aller jüngsten Erkenntnisse über die Anfälligkeit von Lieferketten und Transportwegen werde seitens der Kundschaft eine immer kurzfristigere Lieferung erwartet. Dümmel löse diese Aufgabe nun generationenübergreifend: “Unsere Rentner fahren abends die Tour nach Wendlingen.“

Zu fortgeschrittener Stunde kamen schließlich alle Gruppen der Betriebsführung wieder im Museum zusammen, das direkt neben Vorführ- und Schulungsräumen für Kunden eingerichtet ist. Unter den Sehenswürdigkeiten hob Jochen Dümmel eine von Paul Dümmel konstruierte Windturbine hervor. Er erzählte aber auch, dass nicht wenige Besuche von Kunden eigentlich der stattlichen Automobilsammlung gelten. Die Auswahl der historischen Modelle richte sich daran aus, dass es einen – zum Teil mit Fotos belegten - Bezug zur Familiengeschichte gebe. Eine augenscheinliche Ausnahme machte da der nach Doc Brown modifizierte DeLorean. Den fragenden Blick eines Club-Mitglieds beantwortete Jochen Dümmel kurz mit “Das ist aus einem Film“. Aber was nicht ist, kann ja noch gewesen sein werden.

Hintergrund:
Die Paul Dümmel Werkzeugfabrik GmbH ist ein mittelständisches Unternehmen, das mittlerweile in der dritten und vierten Generation familiengeführt wird. Das Unternehmen wurde 1928 als mechanische Werkstätte gegründet. Seit über 70 Jahren sind Zerspanungswerkzeuge für die Metallbearbeitung ihr Schwerpunkt – hier speziell die Entwicklung und Herstellung für die Hauptanwendungsgebiete Drehen und Fräsen.

Pünktlich zum 90-jährigen Firmenjubiläum hat die Werkzeugfabrik Dümmel in Hülben ihr zweites Werk erweitert. Damit hat der weltweite Spitzenanbieter von Zerspanungswerkzeugen für MiniaturBohrungsbearbeitung perfekte Produktionsbedingungen geschaffen für ein gesundes Wachstum. Mit Stolz blickt das Unternehmen auf die Serienfertigung von fast zwei Millionen Werkzeugen pro Jahr. Diese Mengen bewältigt der Werkzeughersteller mit einer vollautomatisierten Produktion und dem fundierten Know-how langjähriger Fachkräfte.